Winterwelt am Wilden Kaiser
complete Magazin 2024
Die Region Wilder Kaiser wirbt mit dem Hashtag #inechtnochschöner – und übertreibt nicht. Eingebettet zwischen dem mächtigen Kaisergebirge und den sanften Grasbergen der Kitzbüheler Alpen, verspricht die Region im Osten Tirols nur, was sie auch halten kann: Rodelaction bei Flutlicht, Adrenalinkick im Funpark, meditatives Winterwandern oder gelebte Achtsamkeit im Naturschutzgebiet.
Wie für die Postkarte gestylt, liegt der Wilde Kaiser im Winter in schneeweißem statt felsgrauem Kleid in der Landschaft und rekelt sich im späten Morgen- oder frühen Abendrot. An seine Sonnenseite schmiegen sich vier kleine Orte: Ellmau, Going, Scheffau und Söll. Viele kennen die Region aus dem Hauptabendprogramm: In Ellmau operiert und ordiniert seit 16 Jahren quotenstark „Der Bergdoktor“ in eindrucksvoller Kulisse. 18 Staffeln, 156 Folgen. Sechs Millionen Zusehende hatte das Finale der 17. Staffel im ZDF, in Österreich verfolgen etwa 900.000 Menschen regelmäßig Martin Grubers Abenteuer am Fuß des Wilden Kaisers. Seine „Praxis“ besitzt inzwischen mehrere Parkplätze, an denen Touristenbusse halten. Zu dieser Jahreszeit sind sie mit Wintersportbegeisterten gefüllt.
Schwungvoll durch die SkiWelt Wilder Kaiser – Brixental
Daniela Haselsberger ist in der Region aufgewachsen. In Hopfgarten stand sie das erste Mal auf Skiern, noch bevor sie lesen und schreiben konnte. Heute begleitet sie als Ski-Guide Gäste des Hotels Kaiserhof in Ellmau über die vielen Pistenkilometer, die die Bergwelt hier für den Wintersport bereit hält. „Bei uns schlüpfen die Gäste aus dem Bademantel gleich in die Skischuhe und umgekehrt,“ freut sich Daniela über einen Job, der vereint, was sie liebt: Bewegung, frische Luft, die Berge. Das Hotel Kaiserhof liegt 940 Höhenmeter über Ellmau direkt an der Hartkaiser-Talabfahrt, die SkiWelt Wilder Kaiser – Brixental ist eines der größten und modernsten Skigebiete weltweit.
Acht Einstiegsorte bieten hier Wedelvergnügen auf über 275 Pistenkilometern. „Da landet man allein schon mal im falschen Tal“, lacht die quirlige Tirolerin, setzt ihren Helm auf und organisiert noch schnell Liftkarten für die Familie aus Spanien, die erst im Morgengrauen angekommen ist. Ihre dunklen Augenringe verstecken sie hinter verspiegelten Skibrillen.
Mit der Almbahn geht es hinauf auf 1.400 Meter Höhe. Nach einer Runde Skigymnastik und der ersten Abfahrt auf noch wackligen Beinen nehmen wir die Wadeln in die Hand und brausen die 127 Meter lange Speedstrecke mit Zeitmessung hinunter. Adrenalinkick à la Klammer Franzi. Die spanische Familie hat bald genug, sinkt müde im Fun Park auf die bunten Sitzpolster und bestaunt Snowboarder:innen auf Rampen mit klingenden Namen wie Down-Box Riffletire und Rainbow-Butter-Box.
Skifoan ist nicht das Leiwandste
Selbst die Österreich Werbung hat verstanden, dass sich Österreich als Wintersportland neu erfinden muss. Noch mehr Seilbahnen, noch mehr Pistenkilometer, noch größere Skigebiete machen längst nicht alle Winterfreunde glücklich. In launigen Videos zeigt der „NoSki-Instructor“, dass Österreich längst nicht mehr nur „the place to ski“ ist. Für die Spaß-ohne-teure-Liftkarte-Fraktion, für die „Skifoan“ schon lange nicht mehr „das Leiwandste“ ist, gibt es auch abseits präparierter Pisten und voller Seilbahnen viel zu erleben. Achtsamkeit boomt auch bei den Winteraktivitäten.
„Winter- oder Schneeschuhwandern ist perfekt, um runterzukommen und Schritt für Schritt Stress und Alltagsfrust hinter sich zu lassen.“ Nicht nur für den unruhigen Geist, auch für den Körper ist das Wandern in winterlicher Kulisse heilsam. Die stetige, aber moderate Belastung kurbelt die Fettverbrennung an und ist gut für das Herz-Kreislauf-System. „Beim Schneeschuhwandern kommt man mehr ins Schwitzen als beim Skifahren“, verrät uns Daniela Haselsberger.
Von der Wochenbrunner Alm stapfen wir im Gänsemarsch Richtung Gaudeamushütte am Fuße des Wilden Kaisers, begleitet von Ahs und Ohs, die uns die verschneite Winterlandschaft zwischen unseren Schnaufern entlockt. Unter den Füßen knirscht der Schnee, klare Winterluft füllt die Lungen. Etwa eine Stunde sind wir durch Wald und über Wiesen unterwegs, die jetzt in wattiges Weiß gehüllt sind. „Beim Gehen hat man Zeit, die Landschaft wahrzunehmen und die Stille der Natur zu genießen.“
Loipen, Langlauf, Lebensfreude
Wer dennoch die Bretter, die dem Wintersportfreund die Welt bedeuten, nicht missen will, schnallt Langlaufskier an. Die sanft hügelige Landschaft am Fuße des Wilden Kaisers ist dafür wie geschaffen. Über 45 Kilometer gespurte Loipen warten auf den sonnigen Ebenen zwischen den vier „Kaiser-Orten“, geeignet für klassisches Langlaufen ebenso wie für Skating. Daniela Haselsberger hat nach einem Tag als Aktiv-Coach im Hotel noch lange nicht genug: „Wer nach der letzten Abfahrt noch immer nicht müde ist, kann in Scheffau auch nach Einbruch der Dunkelheit noch ein paar Runden auf der beleuchteten Dorfloipe ziehen.“
Holz unterm Hintern
Statt uns Feuer unterm Hintern zu machen, animiert Daniela zu Holz unterm Allerwertesten. Früher ein Transportmittel im Alpenraum, ist die Rodel heute ein Sportgerät für Action-Suchende – und längst nicht nur bei kleinen Winterfanatiker:innen beliebt. Bei Eltern beliebt: Die „Wie lange noch?“- und „Ziehst du mich?“-Leier ist hier kein Thema. Den schweißtreibenden Aufstieg ersetzt die Fahrt mit der Gondel. Vier Rodelbahnen, insgesamt 12 Kilometer lang, sorgen in der Region Wilder Kaiser dafür, dass die Kufen glühen.
Der „Hexenritt“ ist nichts für Weicheier oder müde Waden, hier sind Helm und dicke Sohlen gefragt. Unsere Moonboots lassen beim Bremsen auf dem „gführigen Schnee“ Gummi. Die Rodelstrecke an der Hohen Salve startet unterhalb der Bergstation Hexenwasser und ist Mittwoch bis Samstag bis 22.30 Uhr mit Flutlicht beleuchtet. Sicherer wird die Abfahrt zur späteren Stunde nicht: „Don’t drink and drive“ ist noch nicht bei allen Rodler:innen etabliert.
Naturschutzgebiet Kaisergebirge
Wintersporteldorado rufen die einen, Naturschutz die anderen. Der größte Teil des Kaisergebirges ist Naturschutzgebiet. Seit 1963 sind fast 100 Quadratkilometer und mit ihnen sämtliche Gipfel des Zahmen und Wilden Kaisers Schutzgebiete für die Natur und ihre tierischen Bewohner. Keine Straßen, keine Seilbahnen. Die einzige künstliche Aufstiegshilfe im Schutzgebiet, der Kaiserlift Kufstein, ist nur von Mai bis Oktober in Betrieb. Hier saust statt der quäkenden Pistenraupe lautlos der Waldkauz durch die Nacht.
Das Gebiet ist um diese Jahreszeit nicht nur beliebt bei Tourengeher:innen, es ist vor allem Zuhause und Rückzugsort zahlreicher Wildtiere. Greifvögel wie Uhu, Habicht und sogar Steinadler teilen ihren Lebensraum hier mit Auerhahn, Hermelin, Gams, Reh und Hirsch. Wichtig ist daher, achtsam und leise auf markierten Wegen zu bleiben und bei seinen Ausflügen in die Schutzgebiete Sonnenaufgang und Dämmerungs- und Nachtstunden zu vermeiden.
„Der Gast ist dabei meist rücksichtsvoller als manche Einheimische, die gern "eigene Wege‘ gehen“, erklärt die begeisterte Tourengeherin Daniela Haselsberger. Mit Gästen geht sie gerne durchs Kübelkar zum Ellmauer Tor. „In einer halben Stunde kann man dann noch zum Hinteren Goinger Halt aufsteigen, das ist dann aber deutlich anspruchsvoller!“ Bleibt zu hoffen, dass selbst die enthusiastischsten Winterbegeisterten längst in der Hütte sitzen und die klammen Finger am Jagatee wärmen, wenn sich Fuchs und Hase hier Gute Nacht sagen.
TIPPS
Das familiengeführte Hotel Kaiserhof in Ellmau liegt direkt an der Talabfahrt zur Hartkaiserbahn und bietet Genuss und Erholung auf höchstem Niveau. Ski-in, Ski-out in Kombination mit Wellness der Extraklasse – mit traumhaftem Panoramablick auf den Wilden Kaiser.
Silvester am Berg. Im Restaurant Bergkaiser und der Kaiserlounge am Ellmauer Hartkaiser wird der Rutsch ins neue Jahr zum Bergerlebnis.
Die SkiWelt Wilder Kaiser – Brixental bietet mit 8 Einstiegsorten über 275 Pistenkilometer, 20 Talabfahrten, 80 Hütten, 3 Funparks, 3 beleuchtete Rodelbahnen und in Söll Österreichs größtes Nachtskigebiet.