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Keller auf für den jungen Wein!

complete Magazin 10/23

Die Blätter der Weinstöcke färben sich rot, die letzten Trauben trotzen dem Frost, um zu Eiswein zu werden, die Gänse sind dick und rund. In den Kellern wartet der junge Wein auf seinen ersten Auftritt. Im November feiert die Region rund um den Neusiedler See beim Martiniloben ihren Schutzpatron.

Das Familienweingut Göschl & Töchter bewirtschaftet zwölf Hektar Weingartenfläche rund um Gols
© Stefan Heider
René Pöckl ist in Mönchhof Winzer in vierter Generation
© Steve Haider
In Podersdorf am See führen Christine und Andreas Glück das Weingut Zur Dankbarkeit und die Podersdorfer Weinstuben
© Steve Haider
Im Gasthaus Zur Dankbarkeit serviert Wirt Markus Lentsch kreative Wirtshausküche aus regionalen Zutaten
© Steve Haider

Rund um den 11. November, den Festtag des Hl. Martin, öffnen Winzerinnen und Winzer im Burgenland ihre Kellertüren und präsentieren die Weine des neuen Jahrgangs, die erst ein paar Wochen in den Fässern reifen.

Experimente im Glas
Tiefdunkel, rubinrot – René Pöckl schwenkt ein bauchiges Glas. Gemeinsam mit seiner Frau Eva hat sich der junge Winzer am Weingut Pöckl in Mönchhof auf Rotweine spezialisiert, die national und international ausgezeichnet werden. Sein „Rêve de Jeunesse“ – „Traum der Jugend“ – ist besonders erfolgreich. „Mein ganz persönlicher Jugendtraum!“, wie Pöckl sagt.

Seit 2002 ist der 44-Jährige Kellermeister in Mönchhof. Bereits im Alter von 17 Jahren begann er Weine abseits der Normen zu machen. Ermutigt hat ihn sein Vater Josef. Schon in den 1980er-Jahren hatte er sich nach vielen Auslandsweinreisen auf den Rotweinanbau im Burgenland spezialisiert. Neben heimischen Sorten wie Blaufränkisch und Zweigelt pflanzte er auf dem Familienweingut auch internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon und Merlot. Als er in Barrique-Fässer investierte, wurde er belächelt. „Zum Glück durfte ich immer schon experimentieren“, sagt sein Sohn René heute.

1996 kam der erste „Jugendtraum“ ins Fass, die frühen Jahrgänge liefen noch unter dem Prädikat „Landwein“. „Damals war der Syrah in Österreich noch keine anerkannte Qualitätsrebsorte und durfte deshalb nicht als österreichischer Prädikatswein gekennzeichnet werden.“

Beim Martiniloben präsentiert die Familie die Top-Weine des neuen Jahrgangs und holt außerdem Weine aus dem Keller, die dort schon länger reifen. „Wir wollen zeigen, wie sich unsere Weine entwickeln.“ „Rosso e Nero“, „Admiral“ und „Rêve de Jeunesse“ aus den Jahrgängen 2001 und 2011 konnte man schon vor zehn oder zwanzig Jahren kaufen. „Probieren wir jetzt, was die Zeit aus ihnen gemacht hat!“

www.poeckl.at

Kriegerinnen und herbstliche Sonnengrüße
Das Etikett der Yoga & Wine Edition zeigt einen auf einem Bein balancierenden Yogi, der eine Weintraube hält. Der „Tänzer“ ist ein Naturwein aus dem Weingut Göschl & Töchter und wie das auf dem Etikett abgebildete Asana keine leichte Übung. „Der Fokus liegt beim Naturwein ganz klar auf der naturnahen Arbeit im Weingarten und Keller.“ Daniela Göschl führt gemeinsam mit ihrer Schwester Kathrin Hafner und ihren Eltern das Weingut in Gols. Als Winzerin und Yogalehrerin lädt Daniela zu Yoga am Weingut, vor allem aber zu Yoga im Weingarten oder zu mehrtägigen Yoga-&-Wein-Retreats ins Burgenland. „Vino Vinyasa“ nennt sie die Verbindung von Yoga und Wein, den ihre Familie bereits in der dritten Generation auf knapp zwölf Hektar Weingartenfläche in Handarbeit herstellt. In ihren Kellern reifen fruchtige Weiße ebenso wie kräftige Rote.

Die Schwestern gehen als Jungwinzerinnen eigene Wege: „Bewusstes Weglassen und Reduzieren stehen bei unseren Naturweinen im Vordergrund“, erklärt Kathrin die naturnahe Art des Weinmachens. „Namasté“, „Sonnengruß“ und „Tänzer“ heißen die drei Sorten aus 2021 und 2022. „Der Wein darf sich entwickeln, wir greifen kaum ein. Jeder Jahrgang ist anders und damit einzigartig.“ Was der junge Wein bringt? Vielleicht eine Flasche Kriegerin, Baum oder herabschauenden Hund?

www.weingut-goeschl.at

Podersdorfer Dankbarkeit
Erntedank ist vorbei, zu Martini wird im Burgenland der neue Wein gefeiert. Seit vielen Jahren prägt die Familie Lentsch das Nordburgenland: auf dem Teller wie im Glas. Seit 1934 wird im Gasthaus Zur Dankbarkeit in Podersdorf gekocht. Bei Wirt Markus Lentsch wird zu Martini auch traditionsbewusst die eine oder andere Gans gebraten. Er führt das 300 Jahre alte Gasthaus in vierter Generation und serviert Neusiedler-See-Wels ebenso wie jiddische Hühnerleberpastete oder burgenländische Krautsuppe.

Seine Schwester Christine Glück hat vor vier Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Andreas das Weingut Zur Dankbarkeit in Podersdorf am See und die Podersdorfer Weinstuben übernommen. Die Buschenschank wurde mehrfach zum besten Heurigen des Burgenlands gewählt. Ihre Spezialitäten sind neben den eigenen Weinen typische Heurigengerichte aus dem Seewinkel: Schinken vom Steppenrind, Wurst vom Mangalitzaschwein, das gleich neben dem Radweg Richtung Illmitz im Schlamm wühlt, und selbst gemachtes Sauergemüse. „Vom Stock bis zur Schank, das hat mein Großvater immer gesagt.“

Nach diesem Motto bewirtschaften auch Christine und Andreas zehn Hektar Rebflächen. Josef Lentschs Burgundersorten Pinot Gris und Pinot Noir gehören zu den besten östlich des Neusiedler Sees. Christine liebt die Arbeit im Weingarten: „Auf den Rieden mitten im Nationalpark hat schon mein Urgroßvater Wein gemacht.“ Uferboden und Mikroklima lassen besondere Weine gedeihen. „Der See und die Lacken sorgen für eine ganz spezielle, natürliche Edelfäule.“ Ein Schimmelpilz namens Botrytis ist für besondere Beeren- und Trockenbeerenauslesen nötig. „Weltweit gibt es nur drei Regionen, in denen das natürlich gemacht werden kann“, erzählt die Winzerin. Seit die junge Generation übernommen hat, reifen neben der großen Palette an bekannten „Dankbarkeits“-Weinen auch ein paar Spezialitäten in Christines Einzelfässern. „Die gibt es beim Martiniloben nur hier in der Weinstube zu verkosten.“

dankbarkeit.at

www.weingutzurdankbarkeit.at

© Karin Wasner

TIPPS

Alle Veranstaltungen rund um den jungen Wein in der Region Neusiedler See finden Sie hier.

Im nachhaltig konzipierten Boutique-Hotel Nils am See genießt man die letzten schönen Tage des Jahres im beheizten Außenpool oder auf der Dachterrasse mit 360-Grad-Panoramablick. Mit ein bisschen Glück erlebt man die Ankunft der Bläss- oder Zwerggänse!

Die charmante Pension Luis von Weyden vermietet Zimmer mit Frühstück und serviert im kleinen Café Fiaker-Gulasch genauso wie Quinoa-Salat mit Schafskäse vom Hautzinger. Platz lassen sollte man in jedem Fall: für die hausgemachten Mehlspeisen!

Bild: Nils am See

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