Skip to main content

Mission Kein Gin

complete Magazin 08/23

Die Geschwister Cornelia und Andreas Diesenreiter retten mit ihrem Unternehmen Unverschwendet Lebensmittel. Gemeinsam mit Destillateur David Gölles wollen sie nun Manner-Waffelreste in Gin verwandeln.

 

Weil Gin aus landwirtschaftlichen Produkten destilliert sein muss, heißt die Spirituose von Unverschwendet und Gölles eben Kein Gin. Es gibt sie in den Sorten Dry und Chocolate
© Unverschwendet
Der gute Stoff, aus dem Kein Gin ist: Backperlen, Waffelbruch und Waffelbrösel aus der Mannerschnitten-Produktion
© Unverschwendet
Destillateur David Gölles brennt unter dem Label House of Whiskey, Gin & Rum – und jetzt eben auch Kein Gin
© Karin Wasner
Kein Gin lässt sich ebenso wie gewöhnlicher Gin mit Tonic oder anderen Softdrinks oder Säften mixen
© Laure Noverraz/Unsplash

„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ Ob diese Lebensweisheit tatsächlich Schriftsteller Franz Kafka zuzuschreiben ist, ist ungewiss. Heute fasst ein Sportschuhhersteller die Message zu einem simplen „just do it“ zusammen. Dem tatkräftigen Motto folgen offenbar auch die Geschwister Cornelia und Andreas Diesenreiter: Seit nunmehr acht Jahren retten die beiden überschüssiges Obst und Gemüse und verwandeln es in Marmeladen, Relishs, Pestos, Sirupe, Senfe, Chutneys, und alles, was sich sonst noch in Gläsern haltbar machen lässt.

Laut dem Bericht der UNO-Ernährungs- und -Landwirtschaftsorganisation FAO werden weltweit jedes Jahr mehr als 1,3 Milliarden Tonnen an Lebensmitteln entsorgt – rund ein Drittel aller weltweit hergestellten Nahrungsgüter. Dabei fallen Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Produktion über den Handel bis hin zum Verbraucher, an. Spitzenreiter der Abfallproduzenten sind Privathaushalte (42 Prozent), gefolgt von Hersteller:innen (39 Prozent) und der Gastronomie (14 Prozent). Mehr als 70 Prozent der Abfälle aus der Landwirtschaft wären essbar, berechnete das Institut der Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien. Man müsste sie nur nutzen. Doch das ist oft teurer, als das Obst und Gemüse einfach zu entsorgen.

Vom kleinen Marktstand ins Supermarktregal

Die Diesenreiters hingegen tun genau das: Sie führen die vermeintlichen Abfälle der Wegwerfgesellschaft zurück in die Wertschöpfungskette. Ihr Geschäftsmodell ist inzwischen so erfolgreich, dass ihr Start-up Unverschwendet, mit Homebase in einem der kleinen Stände am Schwendermarkt in Rudolfsheim-Fünfhaus, seine Produkte bereits in mehr als 150 Geschäften verkauft. Im Vorjahr ging Unverschwendet zudem auch eine große Kooperation mit der Supermarktkette HOFER ein: Gemeinsam entwickelte man die Produktreihe RETTENSWERT, eine HOFER-Eigenmarke, für die Obst und Gemüse verarbeitet wird, das bislang zwischen Äckern und Kühlhäusern liegen blieb. Nun folgt der nächste Clou: Die Diesenreiters – Cornelia, 36, studierte an der Universität für Bodenkultur Wien Ressourcen- und Umweltmanagement, danach in England Design and Innovation for Sustainability, Andreas, 38, zuvor Multimedia-Art-Designer – sind dabei, ein neues Projekt zu lancieren. Diesmal ist Destillateur David Gölles mit von der Partie. Der Sohn von Alois Gölles, der mit seiner „Manufaktur für Edlen Brand und Feinen Essig“ vor über 30 Jahren in der Südoststeiermark die alte Kunst der Gärung und Destillation wiederbelebt hat,  brennt unter seinem Label „House of Whiskey, Gin & Rum“ in der Manufaktur Gölles bei Riegersburg Hochprozentiges. Das gemeinsame Projekt: Gin aus den Backüberschüssen, sogenannten Backperlen, die bei der Produktion von Mannerschnitten entstehen.

Rohstoff Mannerwaffelbruch

Wie kommt man auf die Idee, aus Waffelresten Gin zu destillieren? So genau kann weder Cornelia noch Andreas die Frage beantworten. Der Einfall sei bei einem ihrer Teammeetings entstanden, bei denen sie regelmäßig neue Möglichkeiten der Lebensmittelrettung austüfteln. Bei der Produktion der Mannerschnitten fällt eine gewisse Menge an Backperlen, Waffelbruch und Waffelbrösel an. Ein bislang ungenutzter, wertvoller Rohstoff. Was läge für Lebensmittelretter:innen also näher, als diesen zu verarbeiten? Die Manner-Waffeln, erklärt Cornelia Diesenreiter, würden ja aus Weizenmehl gebacken, wären also im Grunde auch nichts anderes als das Getreide, aus dem Gin üblicherweise gebrannt werde. Also habe man Destillateur-Guru David Gölles gefragt: Geht das? „Probier mas“, lautete die Antwort. Und siehe da: Es geht.

Eine Runde Kein Gin von der Crowd für die Crowd

Der Plan des Trios: Die bei der Herstellung von knusprigen Manner-Waffeln entstehenden Backüberschüsse in der Manufaktur Gölles wie einen Gin destillieren lassen. Bloß: sie dürfen die Spirituose nicht Gin nennen. Denn laut Gesetz muss der Grundalkohol für Gin aus landwirtschaftlicher Produktion stammen – nicht aus geretteten Waffelbröseln. Für den „Kein Gin“ werden in der Manufaktur Gölles Backüberschüsse klassisch vergoren und doppelt zu einem Grund-Destillat gebrannt. Mit sorgfältig ausgewählten Botanicals angereichert, wird der Grundalkohol dann wie ein Gin veredelt. „Gemacht wie Gin, schmeckt wie Gin – darf aber nicht so heißen, also ,Kein Gin‘“, erklärt Cornelia Diesenreiter.

Der Kein Gin schmeckt übrigens nicht nach süßen Waffeln. Künftig wird es ihn in zwei Sorten geben: Dry, verfeinert mit Zitronenzesten und klassischen Gin Botanicals wie Wachholder sowie Chocolate mit Kakaoaromen – eine Hommage an den Manner-Schnitten-Klassiker mit Haselnuss-Kakaocreme.

Um die geplanten ersten 666 Flaschen – händisch durchnummerierte Sammlerobjekte – herstellen zu können, hat Unverschwendet dieser Tage eine Crowdfundingaktion gestartet. 20.000 Euro sind das Ziel, damit eine Runde Kein Gin an die Crowd gehen kann.

© Unverschwendet

TIPP

Wer das Projekt Kein Gin unterstützen will, sichert sich hier eine der ersten 666 Sammlerflaschen.

Unverschwendet verwandelt überschüssiges Obst, Gemüse und Kräuter in Marmelade, Sirup, Saucen oder Eingelegtes.

Mehr zur Manufaktur Gölles und den Kreationen von David Gölles.

Bild: Cornelia und Andreas Diesenreiter

 

 

Sie haben Fragen zu unseren Services oder Produkten?

Besuchen Sie unsere umfangreichen FAQs.