Die Jackfruit ist ihr Hühnchen
complete Magazin 06/22
Die südasiatische Jackfruit wird gerade zum cleanen Fleischersatz. Das geht auch auf das Konto von Julia Huthmann und ihrem Start-up „Jacky F“. Die Importfrucht ist doch nicht etwa die neue Avocado?
Missverständnisse sind oft ärgerlich. So, wenn man ein vegetarisches Curry bestellt, und eines mit Huhn bekommt. Doch es gibt auch glückliche: Wenn sich etwa herausstellt, dass das vermeintliche Huhn tatsächlich eine unreife tropische Frucht ist, und man die Basis für ein erfolgreiches Geschäftsmodell serviert bekommen hat. 2016 war der jungen deutschen Unternehmensberaterin Julia Huthmann auf Sri Lanka ein Jackfruit-Curry aufgetischt worden. Es sollte für den Foodie Huthmann der Startschuss zur großen Jackfruit-Mission werden (jackyf.com).
Julia Huthmann, die Gründungslegende Ihres Start-ups Jacky F. klingt fast wie ein Märchen. Glaubten Sie damals, dass eine unreife Frucht je so einschlagen könnte?
Julia Huthmann: Mich faszinierte die Jackfruit vom ersten Bissen an, also begann ich zu recherchieren und erfuhr, dass sie bislang links liegen gelassen worden war. Das konnte doch nicht wahr sein: Die unreifen Früchte fielen einfach vom Baum und verdarben? Dagegen musste man etwas tun! Ich bin also relativ naiv gestartet. Als wir dann die Jackfruit auf Food-Messen ausstellten, sahen wir nur fragende Gesichter. Aber im Lauf der letzten Jahre hat sich das komplett gedreht.
Kann man eine Tropenfrucht nachhaltig importieren?
Huthmann: Bei Lebensmitteln hat man immer verschiedene Einflussfaktoren, die dann insgesamt einen positiven oder negativen Öko- Fußabdruck ergeben. Bei der Jackfruit haben wir auf der negativen Seite den Transport, wobei ein Lkw-Transport von Spanien nach Deutschland einen wesentlich größeren CO2-Fußabdruck hat als eine Dose Jackfruit, die per Schiff von Sri Lanka nach Deutschland kommt.
Wird die Jackfruit zur neuen Avocado?
Huthmann: Natürlich verursachen wir mit dem Import Emissionen, jedoch verbraucht die Jackfruit im Vergleich zur Avocado sehr wenig Wasser. Unsere Früchte stammen aus Biolandwirtschaften und werden ohne Einsatz von Dünger und Pestiziden gezogen. Wir beziehen die Früchte nicht von Plantagenwirtschaften. Sie stammen aus biozertifizierten Mischkulturen, wo die Bäume einzeln neben Ananas, Pfeffer oder Kokos als Beiprodukt mitwachsen. Es war von Anfang an klar, dass wir keine Flugware wollen. Denn alles, was frisch per Flugzeug gehandelt wird, verursacht einen so großen CO2- Fußabdruck, dass man ihn durch nichts mehr ausgleichen kann.
Könnte man die Früchte auch in Europa anbauen?
Huthmann: Undenkbar! Man bräuchte ganzjährig tropisches Klima, also gigantische, beheizte Gewächshäuser für die riesigen Bäume. Das wäre das Gegenteil von Nachhaltigkeit.