Von A wie Almkäse bis Y wie Yakuza Collins

Damüls ist der höchstgelegene Ort zwischen Bregenzerwald und Großem Walsertal und ziemlich genau der Mittelpunkt Vorarlbergs. Im Winter fallen hier durchschnittlich 9,30 Meter Neuschnee, das „schneereichste Dorf der Welt“ ist Sehnsuchtsort von Wintersportlern aus der ganzen Welt. Aber im Sommer? „Wandern, mountainbiken und genießen“, raten Vorarlberger:innen. Wir besuchen im Wanderparadies rund um Mittagspitze und Kanisfluh Menschen hinter der Bar, am Herd oder im Stall und kosten, was sie schaffen.

Fine Dining auf 1.600 Metern
„Wir setzen traditionelle Gerichte anders in Szene, als man es gewohnt ist.“ Peter Bischof und Sandro Abel waren gemeinsam im Kindergarten. Ihre Jugend verbrachten sie mit den Nasen und Kochlöffeln in den Töpfen der weiten Welt. Vor einigen Jahren trafen sich die beiden Damülser am Herd des Hotel Alpenstern wieder und kreieren seitdem gemeinsam Spitzengastronomie. Eine Prise Regionalität, ein Quantum Raffinesse und eine Löffelspitze Mut – im Panoramarestaurant 1580 ebenso wie im Zwei-Hauben-à-la-carte-Restaurant Genusshalde des Hotels. Dreimal die Woche von Juli bis August wird es noch exklusiver: Im Gourmet-Restaurant Löffelspitze kommen dann „Gsottene Grumpara“ – ein traditionelles Gericht aus Kartoffeln, Butter und Sauerrahm – als Amuse-Bouche mit Alpkäseschaum an Kartoffelstroh auf den Tisch. „Wir schauen, was hier bei uns wächst und was wir daraus zaubern können.“ Die Ceviche marinieren die beiden mit Essig, Fichte und Holunder statt Limette. Hirsch Wellington ersetzt das Rind, zum Dessert bekommt das süße Pâte à Choux ein paar Steinpilze an die Seite. Dazu öffnet Alpenstern-Gastgeber Maximilian Steinfeld die Türen zu seinem Weinkeller: 2.000 Positionen mit Hauptaugenmerk auf Österreich, Deutschland und Frankreich. „In jeder freien Minute bin ich auf der Suche nach besonderen Schätzen in Flaschen.“ Der Weißburgunder vom Muschelkalk schmeckt nirgends besser als auf der Sonnenterrasse mit Blick auf das Damülser Horn.

www.hotel-alpenstern.at/kulinarik/gourmetrestaurant-loeffelspitze/

Bergkäse vom Senner der Alpe Oberdamüls
„Auf der Alm ist nichts geplant und trotzdem immer was zu tun.“ Teenagerin Julia geht ihrem Vater gern zur Hand. Ihre Sommer verbringt sie nicht im Freibad, sondern in der Damülser Bergwelt „Im März kam sie damals zur Welt, im Mai sind wir schon auf die Alpe gezogen“, erinnert sich Senner Tobias Nigsch von der Alpe Oberdamüls. Fast 240 Tiere beweiden die 200 Hektar Weidefläche rund um das Portlahorn. Pferde, Schafe und natürlich Kühe. Sie geben die Milch, aus der Tobias seinen mehrfach prämierten Alpkäse käst. „Der landet in der Haubengastronomie genauso wie im Wanderrucksack für die Gipfeljause.“ Höhenlage, Temperaturunterschiede und Sonneneinstrahlung machen die Pflanzen auf der Alm (in Vorarlberg „Alp“ genannt) um vieles nahrhafter als im Tal. „60.000 Liter Milch geben meine 32 Milchkühe hier oben im Sommer. Das werden fünf bis sechs Tonnen Käse!“ Über die Molke freut sich das quirlige Dutzend Alpschweine, das sich hinter der Holzhütte im Schlamm suhlt. Ein Leben ohne Berge oder Tiere will Tobias sich nicht einmal vorstellen. Aufs Brettl kommt dann bei Familie Nigsch nur selbst Produziertes: Butter, Käse, Speck und Wurst. Was dazu schmeckt? Ein kühles Bier. Oder noch besser: ein Glas frisch gemolkene Milch.

www.alpe-oberdamuels.at

Bar Novum: Long Island Ice Tea ganz anders
Ein wenig verrückt ist er schon. Als Head-Bartender der Bar Novum tobt Oliver Polster sich aus. „Einfach kann ja jeder!“ Er sucht die sensorische Herausforderung zwischen vielen bunten Flaschen. Milchfiltrierung, Karbonisierung, speziell verdichtetes Eis – sein Zauberkasten erinnert an den eines Alchimisten. 150 Drinks umfasst aktuell die „Barzeitung“, in der Hintergrundinfos zu seinen Kreationen nachzulesen sind. Spirituosen und Sirupe setzt Oliver selbst an, Altbewährtes wird gerne neu interpretiert. Eben noch mixt er für die Jurorinnen einer Cocktail-Competition einen Sommerdrink aus rauchigem Whiskey und Barbecuesauce. Später serviert er einem gut gelaunten Trio Mittvierziegern den Long Island Ice Tea in der Version „clarified“: komplett klar durch eine Filtrierung mithilfe von Milch und Zitronensäure. „Ständig Neues zu probieren, bringt dich weiter. Nur so wächst du über dich hinaus.“ Die Bar wurde unlängst unter die 50 besten Bars Österreichs gewählt – als erste und einzige in Vorarlberg. Oliver schüttelt den Shaker mit seiner neuesten Kreation: Belladonna. Ein Cocktail, den er für seine Eltern ersonnen hat. „Weil sie den Eisbecherklassiker „Heiße Liebe“ so mögen.“ Himbeer- und Vanille-Tee, Fruchtsäfte, Aperol und Holunderlikör. Klingt völlig verrückt, perlt aber leuchtend rot, komplex und fruchtig ins Glas.

www.hotel-alpenstern.at/kulinarik/bar-novum/

Hochprozentiges vom Löwen
Viele Jahre lang stand das denkmalgeschützte Gebäude in Au leer, das von 1886 bis 1900 ein beliebtes Wirtshaus war. Seit zehn Jahren wird dort wieder auf hohem Niveau gekocht und gebrannt. Der Löwen ist Brennerei und Gasthaus zugleich, 2022 wurde Küchenchef Gernot Bischofberger mit zwei Hauben ausgezeichnet. Im urigen Keller mit dem schiefem Boden reifen Spirituosen in Fässern, Glasballons und Flaschen. Bei kostenlosen Brennerei- und Hausführungen erfahren Interessierte donnerstags und freitags mehr über die Kunst des Brennens und Destillierens. Bekannt ist die Brennerei für die würzigen Kräuterspezialitäten aus duftenden Bergkräutern. Im „Brennerei-Lädele“ biegen sich die Regale unter Hochprozentigem und Spezialitäten aus dem Ländle. Brände, Schnäpse, Geiste und Liköre - die Tradition im Blick wird mit Freude in die Zukunft geschaut: Heimische Alpenkräuter, Holunderblüten und Bergwurzeln verleihen als „Botanicals“ dem Wacholder im Löwen Gin die spezielle Note. „Die Essenz der Almwiesen“ soll in der Flasche landen. Ob das bei Dry, Green, Wood Gin und Leo Nobile geklappt hat, verkostet man am besten selbst. Die Gin Tastings gibt es in den Varianten „Einführung“, „Classic“ oder auch als Workshop mit Mehr-Gänge-Menü. Bei Letzterem darf man seinen eigenen Gin kreieren – und mit nach Hause nehmen!

www.alpenbrenner.de

Slow Food im Third-Wave-Café
„Urban und unverkitscht. Und trotzdem mitten in den Bergen.“ Eine Gruppe Endzwanziger sitzt bei Kaffee, Smoothies und Kuchen und bespricht die geplante Wandertour. Ein paar der jungen Hamburger:innen waren schon als Kinder hier. „Zum Skilaufen. Aber das haben wir aus Klimaschutzgründen schon aufgegeben.“ Sie gehen lieber wandern. Davor gerne Dirty Chai Latte, danach vielleicht ein Rote-Bete-Ingwer-Secco, bio versteht sich. Das Café Deli im Hotel Bären in Mellau ist eine der lässigsten Locations im Bregenzerwald. Das Beste aus beiden Welten: Bergurlaub und moderner Zeitgeist. Die Gastgeber Maria und Josef Frick renovierten das geschichtsträchtige Steinhaus am Mellauer Dorfplatz und eröffneten ein schickes Hotel ganz ohne Lederhosen-und-Dirndl-Flair. Im Third-Wave-Café treffen sich alle, Einheimische wie Tourist:innen. Auf der Karte: Premium-Kaffees von ausgebildeten Baristi, selbst gemachte Kuchen, regionales Slow Food – zu haben als Frühstück, Brunch oder Lunch.

www.baerenmellau.at/de/cafe-deli