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Krampusse, Krippen und Eisskulpturen

complete Magazin 2024

Traditionelle Krippen, tobende Teufel und glitzernde Eisfiguren. Der Winter im Tauferer Ahrntal lässt Weihnachtshetze und Alltagsstress vergessen. Bei Apfelpunsch und einer Kutschenfahrt durch den beleuchteten Winterwald kommt Adventstimmung auf, in den Fängen der Südtiroler Krampusse rutscht das Herz vor Angst in die Hose. Am Klausberg glänzen Eisskulpturen und in Luttach bettet sich das Jesukind in alpenländische und orientalische Krippen.

Kunst aus Eis und Schnee umrahmt von der Schönheit der Natur entsteht bei den Ice Games am Südtiroler Klausberg
©Hofer Wolfgang
Mit dem Krampuslauf wird ein alter Südtiroler Advent-Brauch zelebriert. 450 Bocksfüße jagen mit kunstvollen Masken und Kostümen durch Sand in Taufers
© TV Sand in Taufers/Manuel Kottersteger
Das Museum Maranatha zeigt neben Krippen-Kunstwerken aus verschiedenen Ländern auch traditionelle Krampusmasken und beherbergt ein aktives Schnitzerei-Atelier
© Krippenmuseum Maranatha
Beim Taufrer Advent im Weihnachtszauberwald ist der Reinbach-Wasserfall mit Pferdekutschen oder zu Fuß durch den beleuchteten Winterwald erreichbar
© Karin Wasner

Leise rieselt der Schnee auf Fichten, Lärchen und Kiefern im Naturpark Rieserferner-Ahrn. Wo im Sommer Wassermassen über die drei Reinbachfälle rauschen, plätschert es jetzt zart. Darunter formt Eis den Wasserfall zu einem natürlichen Kunstwerk. Daraus schallt ein Echo von Klopfen und Hämmern, allerdings nicht von einem hungrigen Grünspecht, sondern von fleißigen Handwerkern. Sie zimmern die Hütten für den Auftakt des Taufrer Advents: einen Zauberwald am Reinbach-Wasserfall. Das Ahrntal bereitet sich auf die Wintersaison vor.

Ein Weihnachtszauberwald am Reinbach-Wasserfall

Weihnachtliche Klänge im Ohr, klamme Finger, die sich an gebratenen Kastanien wärmen. Danach ein Waldspaziergang durch die Schneepolsterlandschaft. Nur der Grinch könnte dem besinnlichen Charme des Taufrers Advent widerstehen. Selbst in den abgehetztesten Müttern oder Vätern kommt hier Weihnachtsstimmung auf.

Nirgends schmeckt das „Melchamuis“ so gut wie zwischen den lichtergeschmückten Holzhütten im Winterwald. Die alpine Spezialität aus Butter, Mehl und Milch, ähnlich einem Kaiserschmarrn, wird über offenem Feuer in der Eisenpfanne zubereitet und mit Zucker und Preiselbeermarmelade serviert. Die „Melcha“ (Melker) brauchten einst viel Kraft für die Viehhaltung auf den Almen. Wir brauchen Kraft und eine motivierende Feuerzangenbowle, um nach vorweihnachtlicher Glückseligkeit den Weg zu einem der winterlichen Wasserfälle zu finden.

Am Reinbach im Naturpark Riesenferner-Ahrn erleben wir ein Spektakel, das bei anhaltenden Minusgraden besonders eindrucksvoll ist. Dreimal stürzt er über Felsen und bildet Wasserfälle, der obere und mittlere rund vierzig Meter hoch. Der untere Wasserfall, mit maximal 15 Metern deutlich kleiner, ist im Advent über einen beleuchteten Winterwanderweg erreichbar. Besonders romantisch gestaltet sich der Weg mit echten PS, eingemummelt in Decke und Schaffell. Wehende Blondmähnen, knirschender Schnee und die Dampfwölkchen der schnaubenden Haflinger machen die Kutschenfahrt zum Wasserfall nicht nur für Kinder zum Erlebnis.

Das Krampustreffen in Sand in Taufers

Wenn die Nächte am finstersten sind, haben die Krampusse im Ahrntal ihren teuflischen Auftritt. Der Krampus ist im alpenländischen Brauchtum eine Schreckgestalt der Adventzeit. „Wenn du nicht brav bist, holt dich der Krampus!“, lautete die Drohung schwarzer Pädagogik von einst. Während der Nikolaus die braven Kinder beschenkte, wurden die unartigen mit Rutenschlägen vom Krampus bestraft.

Dieser Brauch wird in Sand in Taufers beschworen. Mit 34 „Passen“ ist der Umzug einer der größten in Südtirol, der Ort am 7. Dezember nichts für schwache Nerven. An die 450 Krampusse aus Südtirol, Österreich und Deutschland jagen an diesem Winterabend lärmend durch das Dorf. Heraushängende Zungen, klaffende Zähne, verdrehte Augen, Hörner so lang wie ein Arm. Zornige Fratzen als kunstvolle handgeschnitzte Holzmasken, die massigen Körper in zottelige Ziegen- oder Schaffelle gehüllt. Bei jeder Bewegung erzeugen Ketten, Schellen und Kuhglocken der Krampusse ohrenbetäubenden Lärm.

Eine Legende erzählt von Elend und Terror: Während einstiger Hungersnöte verhüllten sich Bergbauernburschen mit Hörnern und Tierfellen, um sich bei Dunkelheit auf Raubzüge zu begeben. Zu den Untätern gesellte sich bald der Teufel. Um ihn zu bannen, wurde der Bischof Sankt Nikolaus zu Hilfe gerufen. Auch heute noch symbolisiert der Krampusumzug den Bann des Bösen durch den Heiligen Nikolaus. Als wichtige Figur am Ende des dämonischen Zuges darf er daher nicht fehlen. Begleitet von Engeln und dem Korbträger Knecht Ruprecht, steht er für den Sieg des Guten über das Böse.

Wer nicht warten kann, bis der wilde Höllenritt durch Sand in Taufers tobt, holt sich schon am 23. November einen Vorgeschmack auf das dämonische Treiben. In Steinhaus, italienisch Cadipietra, treffen sich die Krampusse zum Krampuslauf vor dem „Hexenkessel“. Das Pub am Klausberg ist für seine Après-Ski-Partys berühmt-berüchtigt. Um mit den Teufelsgesellen und Hexen zu feiern, muss man 18 Jahre alt sein – Besinnlichkeit ist an diesem Abend nicht zu erwarten.

Im Krippenmuseum „Maranatha“ in Luttach

Statt handgreiflicher Krampusse warten in Luttach von Hand geschnitzte Krippen. In der Vorweihnachtszeit sind die Kunstwerke in den beleuchteten Fenstern der Flaniermeile des Ortes zu bewundern. Anders als bei uns, die wir unsere Krippe einmal im Jahr aus dem Keller holen und noch am 24. Dezember nervenstark Josefs Stab ankleben, werden Krippen in Luttach das ganze Jahr hindurch betreut.

Das ganzjährig geöffnete Krippenmuseum „Maranatha“ begeistert mit kunstvollen Darstellungen der Geburt Jesu. Innbrünstig singen wir alle Jahre wieder „O Tannenbaum“, der Weihnachtsbaum allerdings zog erst im 19. Jahrhundert in die geschmückte Stube ein. „Die Weihnachtskrippe hingegen gab es schon im Frühchristentum“, erklärt der Initiator des Krippenmuseums, Paul Gartner, stolz auf die umfassende Sammlung seiner Familie. „Von alpenländisch bis orientalisch!“ Im Museum steht eine 300 Jahre alte Krippe neben Modern-Art-Modellen.

„Die bäuerlichen Krippen gehören zu meinen Lieblingswerken“, schwärmt Gartner. Besonders die Winterkrippe hat es ihm angetan. „Winterliche Krippenlandschaften sind sehr selten.“ Vor winzigen Miniaturkrippen könnte man ewig stehen und staunen, würden einen nervöse Kinderhände nicht zur begehbaren Krippe unterm Sternenhimmel zerren. Ihre lebensgroßen Figuren wurden in der eigenen Werkstatt gefertigt. Schnitzkunst und Bildhauerei haben im Ahrntal Tradition. Das Museum gibt deshalb auch einen Einblick ins kunstvolle Arbeiten mit Holz.

Einem der talentiertesten Künstler des Tales können Besucher:innen in der Bildhauerwerkstatt und dem Kunstatelier über die Schulter schauen. Lukas Troi schnitzt Bilder, Reliefs und Figuren und demonstriert, was aus Holz geschaffen werden kann. Ganz entkommen wir selbst in Luttach den Krampussen nicht. Sie hängen hier hölzern an der Wand, ein Raum des Museums ist der Maskenschnitzerei gewidmet.

Die Ice Games: Skulpturen aus Schnee und Eis

Beim 15. Internationalen Ahrntaler Schneeskulpturenwettbewerb treffen sich auf 2.500 Metern Höhe Künstler:innen zum Schneeschaufeln. Am Klausberg verwandeln Eiskünstlerinnen und Schneebildhauer Eisblöcke in riesige Köpfe, Autos oder Symbole. Mit Schaufeln, Messern und Stemmeisen schaffen sie vergängliche Skulpturen.

Vier Tage lang wird im frostigen Eis gehämmert, gefeilt und geschnitten. Im Vorjahr sorgte das Thema „World of Music“ für akkordeonspielende Almöhis, klatschende Hände und mannshohe Notenschlüssel. Die Ice Games 2022 standen unter dem Motto „Oldtimer“ und brachten mit eisigen Varianten des Fiat Cinquecento oder der Kult-Vespa einen Hauch Dolce Vita in die schneebedeckten Südtiroler Alpen.

Bis die Strahlen der Frühlingssonne die eisigen Gebilde Mitte März niederzwingen, glänzen die Skulpturen am Gipfel. Das Thema 2025 ist „Gaming“, von digitalen Welten bis zu analogen Klassikern. Ob Super Mario, Donkey Kong und Lara Croft bald den Klausberg bevölkern?

© Manuel Kottersteger

TIPP

www.ahrntal.com

Taufrer Advent am Reinbach-Wasserfall: ab 30.11. bis 29.12., wochenends, von 15–19 Uhr. Bis 22.12. traben die Haflinger ab 15 Uhr alle 20 Minuten zum Wasserfall.

Krampusumzug Sand in Taufers: 7.12.2024, 18–24 Uhr, im Zentrum von Sand in Taufers

Krampustreffen Steinhaus: 23.11.2024, Beginn 20 Uhr, Afterparty im Hexenkessel

Krippenmuseum Maranatha: Montag bis Samstag 9–12 und 14–18 Uhr, Sonn- und Feiertage 14– 17 Uhr

Krippendorf Luttach: Krippen in den Luttacher Schaufenstern, 1.12. bis 7.1.2025

Ice Games: 13.1. bis 16.1.2025, täglich von 8.30–16 Uhr Uhr, Bergstation K2, Skiarena Klausberg

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