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Von drauß’ vom Walde kommt er her

complete Magazin 12/22

Knapp 2,8 Millionen Christbäume werden in Österreich zu Weihnachten aufgestellt. Harte Fakten zum Thema und Ideen für nachhaltige Alternativen.

Der geschmückte Baum geht auf einen heidnischen Brauch zurück und hat mit Christi Geburt so viel zu tun wie der Weihnachtsmann mit Coca-Cola
© iStock/Romrodinka
Gemeinsames Baumaufputzen hat in vielen Familien Tradition. Bei der Entsorgung gilt: zersägter Baum in die Biotonne, Lametta, Christbaumkugeln und Co. in den Restmüll
© Jonathan Borba/unsplash
Die Fichte vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck ist 40 Jahre alt und 18 Meter hoch. Der höchste Weihnachtsbaum war eine 1950 in Seattle aufgestellte Douglasie von 67,4 Metern
© Innsbruck Tourismus/Christof-Lackner
In Wien werden rund 190.000 Christbäume an den über 550 Christbaumsammelstellen in Wien abgegeben. Das sind rund 835 Tonnen Bäume.
© Karin Wasner

Die Krippe, der Stern von Bethlehem, die drei Weisen aus dem Morgenland, Ochs und Esel: Sie gehören zu den Akteuren eines Krippenspiels sowie traditionell zur Besetzung der christlichen Weihnachtslegende. In dieser Form der X-mas-Show fehlt allerdings der Superstar: der Tannenbaum.

Wie zum Halleyschen Kometen hat er sich ins Ensemble geschummelt? Und warum werden jedes Jahr auf der ganzen Welt rund 120 Millionen Nadelbäume in Wohnzimmern, Festsälen, in Einkaufszentren und auf Weihnachtsmärkten aufgestellt?

Immerhin soll sich das Spektakel um die Geburt Jesu doch einst im Westjordanland zugetragen haben. In einem mediterranen Klima, das weder der Nordmanntanne noch der Blaufichte zuträglich ist. In der Bibel findet sich keine Spur von Nadeln, Lichtern und Glaskugeln. Der Koran hingegen erwähnt den Baum, in dessen Schatten Maryam (arabisch für „Maria“) Isa (arabisch für „Jesus“) gebiert. Allerdings handelte es sich bei diesem Baum angeblich um eine Palme.

Warum also wurde „O Tannenbaum“ und nicht „O Palmenbaum“ zum globalen Symbol des Weihnachtsfestes? Die Faktenlage ist ungewiss. Theologen zufolge dürfte der Christbaum auf einer heidnischen Tradition beruhen: Zur Wintersonnenwende holte man als Zeichen des Lebens und zur Vertreibung von Wintergeistern grüne Zweige ins Haus. Ein Brauch, der sich im ausgehenden Mittelalter mit der christlichen Erzählung vermischte. Über die Jahrhunderte wurde er zum religionsübergreifenden Aushängeschild des „Festes der Liebe“. Allein in Österreich werden Jahr für Jahr rund 2,8 Millionen Christbäume aufgestellt. Die meisten, nämlich 2,5 Millionen, stammen aus heimischem Anbau und werden in eigens dafür angelegten Forsten in Niederösterreich und der Steiermark geschlagen. Niederösterreichische Christbaumbauern verkaufen jährlich rund 1,1 Millionen Bäume um insgesamt 22 Millionen Euro. Das Weihnachtsbaumbusiness schafft dort an die tausend Arbeitsplätze. Festlich geschmückt – die erste Erwähnung eines aufgeputzten Baumes im deutschen Freiburg datiert aus dem Jahr 1419 – stehen sie durchschnittlich zehn Tage in heimischen Wohnzimmern. Ein Hektar Christbäume verbraucht während der etwa zehnjährigen Wachstumsphase 95 bis 143 Tonnen CO2 und produziert dabei siebzig bis 105 Tonnen Sauerstoff.

Was uns zum weniger freudvollen Aspekt der Tradition führt: Der Christbaum ist ein Wegwerfartikel. Allein in Wien landen jedes Jahr rund 700 Tonnen ausgedienter Christbäume in den Sammelstellen. Zwar wird ein kleiner Teil der Christbaumstücke danach als süßlich-harziges Festtagsmenü an Zoo-Elefanten verfüttert, der Großteil kommt jedoch in Müllverbrennungsanlagen. Der Transport, ein massiver Einsatz von Pestiziden und die Entsorgung führen zu einer negativen Öko-Bilanz des Weihnachtsbaums. Müssen wir also künftig die Tanne im Wald lassen?

Die frohe Botschaft: Es gibt Alternativen. Da wäre etwa der künstliche Weihnachtsbaum, meist aus dem Kunststoff PVC hergestellt, was rund zwei Drittel seines CO2-Fußabdrucks ausmacht. Mindestens zehn Feste müsste der Plastikbaum im Einsatz sein, um mit der Öko-Bilanz eines natürlichen Christbaums mitzuhalten. Grüner wird die Sache, wenn man auf einen bereits gebrauchten Kunstbaum oder auf einen aus Recyclingmaterial zurückgreift. Auch beliebt: der lebende Baum. Aber auch der erweist sich als tricky: Oft sind seine Wurzeln so stark beschnitten, dass er dann im Garten keine Überlebenschance hat. In der Wohnung oder auf dem Balkon sind seine Tage im Topf gezählt.

Wer also nicht einen bereits im eigenen Garten wachsenden Baum aufputzen, ersatzweise eine Zimmerpflanze schmücken oder mit einer baumähnlichen Kreation aus gestapelten Büchern oder recycelten Klobürsten Vorlieb nehmen möchte, dem sei zum Leihbaum geraten – Zustellung und Abholung inklusive. Das Wiener Unternehmen Greentree zieht Christbäume in Töpfen heran und vermietet diese. „Vor knapp zehn Jahren haben wir mit etwa 200 Bäumen begonnen, inzwischen sind wir im vierstelligen Bereich“, sagt Betriebsleiterin Daniela Poredos. Für die Zustellung in Wien sowie die nach Niederösterreich, ins Burgenland, nach Graz, Salzburg und München werden nachhaltige Routen geplant. „Die Anzucht erfolgt in Baumschulen ohne Pestizide mit dem Einsatz von Nützlingen wie Marienkäfern“, erklärt Poredos. Etwa zwei Wochen verbringen die Bäume bei den Mieter:innen. Ein Weihnachtsurlaub, der trotz Pflegeanleitung nicht allen gut bekommt. Zu häufiges Gießen oder ein Platz in Heizungsnähe nennt Poredos als größte Gefahren für die Baumgesundheit. „Die meisten kommen aber lebend zurück und gehen dann in Pension“: Ein Förster pflanzt sie im Waldviertel ein, wo sie ungestört weiterwachsen können. Drauß’ im Walde, wo sie herkommen.

 

© Greentree

TIPP

Weihnachtsbaum zum Mieten von Greentree. Bestellung ab 1. Jänner eines Jahres. Lieferung zwischen 24. November und 23. Dezember. Kosten: 78 Euro für einen kleinen Baum und 100 Euro für eine 1,50 m und 1,70 m große Nordmanntanne, den beliebtesten Weihnachtsbaum des Landes.

www.greentree.at

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