Brustpanzer für Braveheart

Gern behaupten Steyrer, sie hätten mehr Brücken als Venedig. Gezählt sind es 119 Brücken und Stege. Die Stadt liegt am Zusammenfluss von Enns und Steyr, und ist seit jeher von ihren Wassern geprägt.

Jahrhunderte hindurch diente die Enns als wichtiger Transportweg für Eisen aus dem steirischen Erzberg. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert flößte man es auf dem Fluss, Messer und andere Klingenwaren wurden bis nach Venedig geliefert.

Die Steyr ist eng mit dem Handwerk der Region verbunden. Die Kraft ihres Wassers wurde zum Antrieb von Mühlen oder Schmiedehämmern und später zur Stromerzeugung genutzt.

Am Ennskai hängt ein Schild mit der Aufschrift „R8 Steyrtalradweg“. Hier beginnt er, also rauf aufs Rad. Dem Verlauf des Flusses folgend, passiert man Stromschnellen, Schotterbänke – und Handwerker wie von einst.

Einer davon heißt Karl Schwarz. Er führt in Molln eine besondere Tradition fort. Bereits 1679 begann die Familie Schwarz mit der Produktion von Maultrommeln. Einst gab es rund vierzig Maultrommelmeister, Karl Schwarz ist nun der letzte. Rund 100.000 Maultrommeln werden jährlich produziert und in mehr als vierzig Länder verschickt. 2014 wurde die Herstellung der Maultrommel von der UNESCO in das österreichische Verzeichnis des Immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen.

Eine Geschichte erzählt Karl Schwarz besonders gern. „Fensterln“, also jene Tradition, bei der Männer nachts mit einer Leiter zum Fenster der Geliebten hinaufklettern, spielte sich in Molln anders ab. „Bei uns wurden keine Steinchen gegen das Fenster geworfen, um die Frau zu wecken, sondern mit der Maultrommel gespielt“, schildert er schmunzelnd. „Es soll dadurch zu einer hohen Anzahl an unehelichen Kindern gekommen sein – so wurde das Fensterln mit Maultrommel mehrere Jahre lang verboten.“

Zehn Radminuten von der Maultrommelmanufaktur entfernt wird gehämmert und geschmiedet. In der „Schwertschmiede Schmidberger“ stellen Johann und Georg Schmidberger Blankwaffen, Brustpanzer, Sensen und Schwerter her. Die Tradition reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück – und geht um die Welt. „Die Schweizergarde im Vatikan trägt geätzte Harnische und Helme, handgefertigt von uns“, erzählen die Brüder stolz. Auch Filmausstatter und Requisiteure wurden auf ihre Handwerkskunst aufmerksam. „Wir haben den Film ‚Braveheart‘ ausgestattet, Bruno Ganz einen Brustpanzer für seine Rolle als Odysseus in ,Ithaka‘ angepasst, und ein Eisengewand für Placido Domingo kreiert, in dem er den Othello sang!“