Wirklich was erleben!
complete Magazin 06/23
Wie bringt man sein Kind ins Freie? Peter Hiess erklärt, worauf man beim Wandern mit Kindern achtet und stellt in einem Buch Wanderrouten für 4- bis 14-Jährige vor.
Kinder von heute, heißt es, seien Stubenhocker. Oder handysüchtige Drinnies, die man für die Welt draußen kaum begeistern kann. Stimmt nicht, weiß Peter Hiess und belegt das mit dem Buch „Wandern mit Kindern“. Der Wiener Autor, Journalist und Lektor hat es zusammen mit der Autorin und Bibliothekarin Katharina Bliem geschrieben. Darin werden dreißig Wanderrouten für 4- bis 14-Jährige vorgestellt. Ein Jahr lang haben die beiden besondere Touren erkundet: Man kann sie von Wien aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Und sie lassen sich als Tagesausflug bewältigen. Auf Kindertauglichkeit hat sie Bliems Sohn überprüft.
Spannende Wanderungen mit Kindern
Das Buch enthält spannende Wanderbeschreibungen und belegt, dass Kinder auch heute gerne wandern. Voraussetzung: Es warten Abenteuer auf sie. Deshalb lockt „Wandern mit Kindern“ mit zusätzlichen Gimmicks: etwa zur Strecke passenden Geschichten, die Eltern während der Wanderung erzählen können. Oder mit Rezepten für Zutaten aus Wald und Wiese, die man als Proviant mitnehmen oder zuhause zubereiten kann. Außerdem werden Attraktionen entlang der Strecke erklärt. GPS-Punkte machen es leicht, den Kindern die Führung zu lassen. Bei ihren Safaris durchs Gebirge oder den Wienerwald sowie der Donau entlang entdecken sie Tiere und können sie auf ihrer Bucket List abhaken.
Herr Hiess, wer ist heutzutage schwieriger zum Wandern zu motivieren: Eltern oder Kinder?
Peter Hiess: Schwierig. Mittlerweile gibt es eine Elterngeneration, die nie gewandert und mit dem Display vor dem Gesicht aufgewachsen ist. Sie erreichen wir mit unserem Buch nicht, kommen sie doch gar nicht auf die Idee, wandern zu gehen. Viele Eltern haben aber noch eine Ahnung davon, wie schön es in der Natur sein kann, aber ein Kind, das gerne vor dem Computer knotzt oder ins Handy hineinstarrt. Denen ist das Buch eine Hilfe.
Die ersten Schritte, um das Kind vom Smartphone wieder in die Natur zu bringen?
Hiess: Kinder muss man zum Rausgehen überreden und ihnen Abenteuer versprechen. Denn die Aussicht, nur hatschen zu sollen, schreckt ab. Viele Kinder gehen heute nicht gerne. Es braucht also Höhlen oder Ruinen und Geschichten, die man ihnen erzählen kann, statt ausgelatschter Wanderwege. Unser Buch enthält auch Anleitungen zum Forschen, etwa wie Kinder in den Donauauen mit einer Becherlupe die Natur erkunden können. Damit lassen sie sich am ehesten motivieren. Bei einer Wanderung muss man als Eltern dann auch halten, was man den Kindern zuvor versprochen hat, und nicht bloß eine Wanderung machen, auf der nichts Spannendes passiert. Die Wege müssen möglichst abenteuerlich sein, um Kinder abzuholen und zu begeistern.
Das Versprechen vom Gipfel und der tollen Aussicht zieht also nicht?
Hiess: Kinder sind sehr unterschiedlich. Für mich als Kind war das Wandern an sich spannend. Für meinen Bruder wiederum brauchte es das Versprechen, dass es ein Lokal zum Einkehren und Pausemachen gibt. Kinder sind unterschiedlich zu motivieren und manche wahrscheinlich gar nicht. Katharina Bliem und ich haben versucht, mit unserem Buch ein möglichst breites Spektrum zu zeigen, mit dem man Kinder rauslocken kann. Wir sagen: „Lass das Handy daheim, oder nimm’s mit und verfolge den Weg über die im Buch angegebenen GPS-Daten, führe uns und erkläre uns die Route.“ Im Naturpark Sparbach etwa sieht man, dass die Kinder gerne dort sind. Die Eltern vielleicht sogar noch lieber, weil sie ihre Kinder mit Wildschweinen fotografieren können. Kinder erleben gerne etwas in der Natur. Wobei das nur jene Kinder sind, die man ohnehin draußen antrifft. Dafür, wie man die richtigen Stubenhocker nach draußen bekommt, haben wir leider kein allgemeingültiges Rezept parat.
Wie können Eltern feststellen, welche Route für ihr Kind geeignet ist?
Hiess: Es gibt zu jeder Wanderung eine Beschreibung und genaue Karten. Nach Schwierigkeitsgrad geordnet, so kann man sich gut orientieren. Wir haben die dreißig Wanderungen nach dem höchsten Punkt der Route sortiert. Also geht es immer höher hinauf, je weiter man in dem Buch vorankommt. Das bedeutet nicht, dass die Wanderungen steil sind. Man kann zum Beispiel auf den Schneeberg hinauffahren, oben gibt es dann keine arge Steigung mehr. Es ist auch vermerkt, wie schwierig die Wanderung ist und worauf man achten soll. Wir geben auch Abkürzungen an, wo man die Wanderung gegebenenfalls abbrechen kann. Manchmal führen wir zwei verschiedene Varianten an. Etwa eine kürzere für kleine Kinder, die nicht gerne gehen. Für sie kann man die kürzere Variante wählen.
Schlau! Es passiert auch Erwachsenen, dass sie sich selbst überschätzen.
Hiess: So ist es mir am Schneeberg ergangen. Obwohl ich mich eh richtig eingeschätzt hatte, wusste ich doch, dass Berge nichts für mich sind. Trotzdem bin ich mit der Bahn hinaufgefahren und ausgestiegen. Beim ersten Blick hinunter ins Tal ist mir gleich schwindelig geworden. Ich bin einfach nicht schwindelfrei. Man sollte sich selbst einschätzen können, ehe man Kindern etwas zumutet.
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BLINKY LED-Anhänger ermöglichen im Dunkeln eine Sichtbarkeit von bis zu 200 Metern und ist in drei coolen Versionen erhältlich: Kein Wunder also, dass die kleinen Lebensretter vor allem bei Kindern ausgesprochen beliebt sind.
TIPP
Wandern mit Kindern
Die 30 schönsten Tagesausflüge rund um Wien
Von Katharina Bliem und Peter Hiess, Falter Verlag
Auf der Website www.wandernmitkindern.com findet man nicht nur diverse Ausflugsziele und Aktivitäten, hier geben die Autor:innen auch etwaige Änderungen und Updates zu den im Buch beschriebenen Routen bekannt.