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Regenbogen am Ring

complete Magazin 05/23

Tamara Mascara, 2020 als Dragqueen in der ORF-Show „Dancing Stars“, veranstaltet am 17. Juni die Afterparty im Wiener Praterdome zur Regenbogenparade am Ring: „The Circus-Pride Spectacle“ ist die größte Gay-Party Österreichs

Mit ihrem Auftritt bei der ORF-Hauptabendprogrammshow „Dancing Stars“ 2020 hat die Dragqueen, DJ, Moderatorin und „The Circus“-Veranstalterin Tamara Mascara einen Meilenstein für die LGBTQI+-Community gelegt
© Simon Dorner
Auch heuer wird die Vienna Pride ohne das Pride Village auskommen müssen.
© Martin Darling
Seit den 1970er-Jahren ist die Regenbogenfahne internationales Symbol der Queer-Community. Sie gilt auch als Zeichen für Toleranz und Akzeptanz der Vielfalt von Lebensformen
© Martin Darling
Bei der ersten Regenbogenparade 1996 zogen erstmals ein paar Tausend Menschen gegen Diskriminierung und für die Rechte der LGBTQI+-Community die Wiener Ringstraße entlang.
© Dominik Steinmair

Wummernde Bässe, Glitzer, Latex, Lack, Fummel, viel nackte Haut und alle Geschlechter übergreifende Liebesbekundungen: Am 17. Juni ziehen zum 27. Mal an die 200.000 Menschen über den Wiener Ring. Gegen die Fahrtrichtung, schließlich ist die Regenbogenparade „andersrum“. Sie bildet den Höhepunkt der alljährlichen „Vienna Pride“, der größten LGBTQI+-Veranstaltung des Landes. Für viele eine bunte Party und Gelegenheit, einmal im Jahr die Ausnahme zu feiern.

Was dabei jedoch nicht vergessen werden sollte: Die Regenbogenparade ist eine politische Demonstration für Toleranz, Solidarität und Gleichberechtigung der Queer-Community Österreichs. Sie schließt die zweiwöchige Veranstaltungsreihe von Vienna Pride der Homosexuellen Initiative Hosi.

Der Kampf für Toleranz und Rechte

Zelebriert wird das historische Ereignis der „Stonewall Riots“ von 1969. Am 28. Juni jenes Jahres begehrten in der New Yorker Christopher Street erstmals Homosexuelle gegen Polizeiwillkür in der „Stonewall Bar“ auf, einem beliebten Gay-Treffpunkt in Greenwich Village. Die Straßenschlachten zwischen Polizei und Homosexuellen dauerten tagelang. Mit ihnen begann der gesellschaftliche Kampf um Toleranz und Rechte von Homosexuellen und queerer Menschen. Heute wird dem weltweit in vielen Städten mit Umzügen gedacht.

Mit dabei ist stets auch Tamara Mascara. 2020 trat die Dragqueen in der ORF-Show „Dancing Stars“ auf. Ein Meilenstein für die queere Community. Die Dragqueen, DJ und Moderatorin organisiert seit mehr als zehn Jahren „The Circus“, die größte LGBTQI+-Party Österreichs.

 

Tamara Mascara, wie ist der Auftritt im ORF-Familienformat „Dancing Stars“ gelungen?

Tamara Mascara: Zuerst einmal: Vielen Dank! Es bewegt mich sehr, dass meine Arbeit anerkannt wird! Ich habe immer versucht, der Drag-Kunst wie auch neuen Talenten Plattformen für Auftritte zu bieten. So entstehen Events, bei denen sich die Gäste frei fühlen und sie selbst sein können. Durch Auftritte in Mainstream-Medien erreicht man viele Menschen. Es ist wichtig, außerhalb der LGBTQI+-Community auf Ungleichbehandlung und Diskriminierung aufmerksam zu machen. Wenn ich durch meine Auftritte auch nur eine einzige Person zum Umdenken gebracht habe, war das die Mühe wert.

Wie lassen sich die Rechte der LGBTQI+-Community sichern?

Tamara Mascara: Es sollten grundsätzlich alle Menschen völlig gleichberechtigt sein – es geht hier nicht nur um LGBTQI+-Personen. Vor Kurzem wurde auch hierzulande ein Unsinn aus den USA kopiert, nämlich die Forderung nach einem Verbot von Drag Shows und Lesungen vor Minderjährigen. Dabei haben wir ein Jugendschutzgesetz, das es verbietet, unpassende Inhalte vor Kindern und Jugendlichen zu zeigen. Bei der Forderung geht es also nur um Panikmache. Dabei kam der Vorwurf, man würde versuchen, Kinder zu manipulieren und zu sexualisieren. Ein kompletter Unfug! Leider zeigt er aber viel Unverständnis und Vorurteile über LGBTQI+-Personen. Dragqueens werden irrigerweise als unmoralisch angesehen. Wir setzen uns für eine weltoffenere Gesellschaft ein und möchten jungen Menschen zeigen, dass es unterschiedliche Rollenbilder gibt. Dies sehe ich als wichtigen Schritt zu Aufklärung und Bildung, um eine rechtliche Gleichstellung zu erreichen.

Was bedeutet die Vienna Pride für die Community?

Tamara Mascara: Ein großes Fest, bei dem wir uns feiern und auf Ungleichbehandlung und Diskriminierung aufmerksam machen möchten. Vielen Menschen mag die Vienna Pride übertrieben erscheinen. Doch es ist leider immer noch Alltag für uns, angestarrt, beschimpft und manchmal sogar körperlich attackiert zu werden. Während der Vienna Pride können wir uns sicher und frei zeigen und feiern. Für mich ist es aber auch eine extrem fordernde Zeit, weil ich als Veranstalterin und Dragqueen sehr viel tun habe. Arbeiten in High Heels kann zur Tortur werden – Augen auf bei der Berufswahl!

Mittlerweile feiern auch Cis-Heteromenschen gern bei der Regenbogenparade mit. Bleibt dabei die Message auf der Strecke?

Tamara Mascara: Wir können als LGBTQI+-Community nicht auf der einen Seite Toleranz und Gleichbehandlung fordern und uns dann ärgern, wenn Cis-Heteros mitfeiern. Dass sich manche Teilnehmer:innen danebenbenehmen, musste ich auch schon erleben. Hier sollten die Veranstalter der Vienna Pride mit Information und Aufklärung Maßnahmen setzen, um den Charakter der Parade als festliche Demonstration zu erhalten.

Wie politisch ist die Parade heute noch?

Tamara Mascara: Die Parade ist immer noch sehr politisch! Sogar die Junge ÖVP nimmt daran teil. Solche Details sind ein Politikum! Alle möchten ein Stück vom Regenbogenkuchen haben. Schön wäre es, wenn auch alle mitbacken würden. Bei der Parade geht es nicht nur um Homosexuelle. Auch Trans-, nonbinäre oder genderfluide Personen zeigen sich hier mutig in der Öffentlichkeit. Abseits der Parade kann das leider immer noch zu schrecklichen Vorfällen wie Beschimpfungen und Misshandlungen führen.

Was sind die wichtigsten Errungenschaften der Vienna Pride?

Tamara Mascara: Viele für LGBTQI+-Personen lebensverändernde Dinge wurden durch sie erreicht. Nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Ohne den politischen Kampf für unsere Rechte würden wir wohl noch immer verfolgt werden. Noch 2003 wurde Österreich wegen seiner bis 2002 geltenden Rechtslage vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.

Aus der queeren Community hört man Kritik: Viele würden die Vienna Pride vereinnahmen …

Tamara Mascara: Natürlich ist die Vienna Pride heute viel kommerzieller als vor zwanzig Jahren. Das hat aber auch positive Seiten. Zum einen sind große Firmen ein wichtiger Faktor, was Sponsoring und Gagen angeht. Außerdem haben sie oft auch eine große Reichweite, was Sichtbarkeit schaffen kann. Ich fände es sinnvoll, wenn alteingesessene Institutionen wie das „Why Not“, die älteste Gay-Disco Wiens, oder Vereine aus der Community einen leichteren Zugang zu den Parade-Trucks bekämen als große Konzerne. So könnte auch der Kern der Community von der fortschreitenden Kommerzialisierung profitieren.

Sollte zum Sichtbarmachen und Bewusstseinschaffen die Vienna Pride ihre Message nicht auch in Simmering oder Floridsdorf verbreiten?

Tamara Mascara: Ich würde mir mehr kleine Side-Events wünschen: Workshops oder Info-Abende, bei denen Berührungsängste abgebaut werden können. Es gibt Beispiele wie die Queer-Dance-Veranstaltungsreihe in Gemeindebauten. Insgesamt hat sich in den letzten zehn Jahren sehr viel getan. Die sozialen Medien sind hier extrem hilfreich. Wenn beispielsweise früher jemand zum Opfer eines homophoben Übergriffes wurde, hat das meistens kaum jemand mitbekommen. Heute kann man sich über ein Posting öffentlich äußern, und viele Menschen sehen, was passiert ist. Das erzeugt Empathie. Sie brauchen die Menschen, um zu verstehen, dass so etwas nicht passieren darf.

 

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© www.thecircus.at

TIPP

Für jene, die mit Tamara Mascara die Pride feiern wollen: Am 17. Juni veranstaltet sie als Afterparty zur Regenbogenparade mit „The Circus-Pride Spectacle“ die größte Gay-Party Österreichs im Wiener Praterdome.

www.thecircus.at

tamaramascara.com

viennapride.at 

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