Bis zum Horizont leuchten die Hügel in allen Nuancen aus Grün im Hochland von Vietnam. Was hier wächst, verwandelt sich über Jahre von zarten Pflänzchen zu kräftigen Bohnen. Vietnam erstreckt sich lang und schmal von Norden nach Süden über 1.650 Kilometer und zwei Klimazonen: tropisches Klima im Norden, subtropisches Klima im Süden. In der Mitte Vietnams herrschen ideale Bedingungen für den Anbau von Kaffee am Kaffeegürtel rund um den Äquator: Dieser liegt innerhalb des 23. Breitengrades nördlicher Breite und des 25. Breitengrades südlicher Breite. Vietnam ist trotz einer vergleichsweise geringen Anbaufläche nach Brasilien der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt.
Die Kaffeeanbaugebiete liegen im Landesinneren, in den Provinzen Dak Lat, Kontum, Gia Lai, Lam Duong und Buon me Thuon. Die Temperaturen schwanken zwischen 15 und 25 Grad, ein Kontrapunkt zur tropischen Hitze der Städte und für die vietnamesische Bevölkerung ein Urlaubs- und Erholungsort. Die Provinzhauptstadt Buon Ma Thuot ist eine der größten Städte im Hochland und wird als Kaffeehauptstadt Vietnams bezeichnet. Kaffeeanbau gibt es hier seit über hundert Jahren. Längst geht es nicht um den höchsten Ertrag, sondern um nachhaltige Bedingungen beim Kaffeeanbau.
Die Kaffeekooperative Eakiet ist eine von mehreren Kooperativen, die Pionierarbeit in Sachen Fairtrade leisten. Seit über zwanzig Jahren werden Qualitätsmaßnahmen umgesetzt: Düngemittel aus eigenen Kompostierungsanlagen, Aufbau von Kaffeepflanzschulen, Schulung der Bauern und Bäuerinnen, Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit. Vor allem geht es um die Lebensbedingungen der Kaffeeanbauenden und ihrer Familien. Bis in die 1990er-Jahre kaufte Vietnams Regierung die Kaffeeernte zu einem festen Preis auf. Heute ist der Markt offen, und Kleinbäuer*innen der Provinz haben sich in Kooperativen zusammengeschlossen. So gibt es keine staatlichen Kaffeeplantagen mehr, wie sie früher mit Lohnarbeitenden betrieben wurden. Von 20 US-Cent Fairtrade-Prämie pro Pfund Kaffee werden mindestens fünf Cent für die Steigerung von Produktivität und Qualität eingesetzt, zum Beispiel für den Bau von Schulen und Krankenstationen. Gewinne werden so wieder in Dörfer investiert. Das ist essenziell: 120 Millionen Menschen sind weltweit im Kaffeeanbau, in der Verarbeitung und im Kaffeehandel tätig. Kleinbäuer*innen bauen weltweit achtzig Prozent des Kaffees an, sind aber benachteiligt: Kaffee wird zu 95 Prozent als Rohware gehandelt, deshalb findet die Wertschöpfung nicht im Ursprungsland statt. Häufig verdienen die Kaffeeanbauenden nur wenig Geld. Nachhaltiger Kaffeeanbau und faire Lebensbedingungen für seine Produzent*innen gewinnen jedoch immer mehr an Bedeutung. Auch immer mehr Reiseveranstaltende erkennen den Reiz von Kaffeereisen und inkludieren Besuche in familienbetriebenen Kaffeeplantagen – dort, wo die Bohnen wohnen.